Um in Deutschland als Gesundheits- und Krankenpfleger arbeiten zu dürfen muss man eine 3-jährige Berufsausbildung absolvieren. Voraussetzung dafür ist ein Realschulabschluss oder ein Hauptschulabschluss plus berufliche Vorkenntnisse. Damit hat Deutschland neben Österreich und Luxemburg die niedrigsten schulischen Voraussetzungen. Ganz anders sieht das bei unseren anderen europäischen Nachbarn aus. Um in der Pflege arbeiten zu dürfen wird hier oft ein Studium vorausgesetzt. Das bedeutet auch, dass eine Zulassung nur mit einem Abitur-vergleichbaren Abschluss möglich ist.
Bei dem momentanen Pflegemangel in Deutschland stellt sich natürlich die Frage, ob eine Akademisierung der Pflege eine Verbesserung oder sogar eine Verschlechterung der Situation zu Folge hätte?
Kritiker befürchten, dass sich bei einem verpflichtenden Pflegestudium noch weniger junge Menschen für den Beruf in der Pflege entscheiden, da sie die Zugangsberechtigung nicht mitbringen. Des Weiteren stellen sich natürlich die Fragen, ob man ein Bachelor Abschluss braucht um einen Patienten zu waschen oder ein Bett neu zu beziehen? Ist für die Pflege von Menschen wirklich ein Studium nötig ist oder vielmehr Empathie, Menschenkenntnis und körperliche Belastbarkeit. Und kann man diese Eigenschaften in einem Studium stärken?
Befürworter des Pflegestudiums, wie zum Beispiel Prof. Dr. Ingrid Darmann-Finck vom Institut für Public Health und Pflegeforschung der Universität Bremen antworten auf diese Frage mit einem klaren „Ja“. Sie ist überzeugt, dass ein Studium nötig ist, da die Pflege immer komplexer wird und die Pflegende künftig verstärkt in der Lage sein müssen, ihre Entscheidungen wissenschaftlich zu begründen, interprofessionell zusammenzuarbeiten und sektorübergreifende Fallsteuerungen zu übernehmen.
Auch die Digitalisierung macht vor der Pflege nicht Halt, die Arbeit am Patienten wird durch verschiedene Programme unterstützt und verbessert. Zum einen um die aufwändige Dokumentation zu erleichtern, wie zum Beispiel mit der digitalen Patientenakte. Aber auch durch digitale Assistenzsysteme, die den Pflegekräften mehr Zeit für ihre Pflegetätigkeiten verschaffen durch Steuerung und Priorisierung der Patientenversorgung.
Beim Thema Digitalisierung zeigt sich ein dringender Bedarf die Pflegekräfte weiterzubilden, ob dafür ein Studium nötig ist oder ein weiteres Modul in der herkömmlichen Ausbildung, ist noch fraglich.
Ein weiterer Grund warum sich immer weniger junge Menschen für den Pflegeberuf entscheiden, ist die fehlende Anerkennung und Wertschätzung für deren Arbeit. Auch das soll sich nach Meinung vieler Befürworter zum positiven verändern. Denn mit einem Bachelor oder sogar Masterabschluss sollen die Absolventen auf Augenhöhe mit den Ärzten arbeiten und deren fachliche Kompetenzen erweitern. Genau diese Entwicklung zeigt sich bei unseren europäischen Nachbarn, dort genießt der Pflegeberuf bereits jetzt ein höheres Ansehen und der Aufgaben- und Verantwortungsbereich ist breiter gefächert.
Mittlerweile gibt es das Pflegestudium schon in einigen deutschen Städten. Oft wird es dual neben dem Beruf angeboten oder auch als Vollzeitstudium. Absolventen eines Pflegestudiums werden als normale Pflegekräfte in den Kliniken angestellt, ohne mehr Kompetenzen und meist auch ohne mehr Gehalt zu erhalten.
Wünschenswert wäre es natürlich, dass mit einem akademischen Abschluss eine generelle Gehaltanpassung stattfinden würde. Der Öffentliche Dienst ist in dieser Hinsicht Vorreiter, und hat bereits Tarifverträge für Bachelorabsolventen.
Abschließend kann man sagen, es besteht weiterhin Handlungsbedarf. In Deutschland herrscht momentan noch große Unsicherheit und Uneinigkeit.
Zudem müssen einige offene Fragen noch geklärt werden:
Sollen Pflegekräfte komplett akademisiert werden?
Erhält man mit einem Studium mehr medizinische Kompetenzen?
Und wie sollen Pflegekräfte mit Bachelor- bzw. Masterabschluss vergütet werden?
Quellen:
https://www.aubi-plus.de/berufe/gesundheits-und-krankenpfleger-264/
https://www.trisan.org/aktuelles/info-mail-single/pflegeausbildung-in-europa-gemeinsame-standards-aber-grosse-unterschiede-in-der-praxis/
https://www.zeit.de/2018/20/pflegewissenschaften-studium-berufsfeld-veraenderung
https://www.bibliomed-pflege.de/zeitschriften/artikeldetailseite-ohne-heftzuweisung/29396-wir-brauchen-die-hochschulische-erstausbildung/
https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/100819/Ruf-nach-mehr-Kompetenzen-fuer-Pflegekraefte
https://www.aerztezeitung.de/Politik/Was-Deutschland-bei-der-Pflege-von-anderen-Laendern-lernen-kann-253611.html
https://www.pflegestudium.de/gehalt/#gehaelter
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