Wie erleben die Helfer an der Front die Krise?

Ein Einblick in den Arbeitsalltag auf den Corona-Stationen

Jeden Tag bekommen wir aktuelle Informationen bezüglich der Corona-Krise, meist über das Internet, das Radio oder den Fernseher. Der Großteil der Bevölkerung hat ein starkes Interesse an diesem Thema, doch die Informationen und Zahlen ändern sich rasch und lassen die Situation oft unübersichtlich wirken.
Eindeutig hingegen ist, dass die Anerkennung und Wertschätzung der Pflegetätigkeit in den letzten Wochen stark gestiegen ist. Wir alle sind unglaublich dankbar für die Arbeit, die derzeit in Kliniken geleistet wird. Dennoch kann man sich die momentane Situation dort nur schwer vorstellen.

 

Wir von Cliniserve wollten es deshalb genauer wissen und haben uns ausführlich mit zwei Münchner Pflegekräften unterhalten, die derzeit auf einer Station für Covid-Patienten tätig sind und die Krise hautnah miterleben. [Aus datenschutzrechtlichen Gründen haben wir die Namen in Sarah und Marie geändert].

 

 

Zunächst hat uns interessiert, wie denn der aktuelle Arbeitsalltag auf einer Corona-Intensivstation aussieht – Welche weiteren Hygienemaßnahmen getroffen wurden und ob es Schulungen gab, um mit den neuen Umständen besser zurecht zu kommen.
Sarah erzählt, dass es auf ihrer Station 14 Isolationsboxen mit Intensivbetten gibt. Anfangs konnten aufgrund von Personalmangel nur maximal 10 von diesen belegt werden. Rasch aber erhielt ihre Station Unterstützung von Pflegern aus anderen Stationen, sowie auch von Pflegewissenschaftlern, sodass alle 14 Betten gut betreut werden konnten. Derzeit ist die Patientenzahl dort so weit gesunken, dass nur noch sieben Betten benötigt werden.
Bezüglich der Hygiene wurden noch strengere Maßnahmen eingeführt: Jede Pflegekraft ist verpflichtet beim Betreten einer Isolationsbox einen Einweg-Schutzanzug zu tragen, zwei Paar Einweghandschuhe, eine Haube und ein Visier. Auch das Tragen der FFP2 Masken ist eine neue Maßnahme.
Durch zwei Informationsveranstaltungen pro Woche, Erklärvideos und unterschiedliche Anleitungen, die in den Zimmern aushängen, fühlt sich Sarah gut vorbereitet und unterstützt. Dennoch bleibt natürlich eine gewisse Unsicherheit nicht aus.
Auch Marie berichtet, dass es Schulungen bezüglich der neuen Hygienemaßnahmen und dem Umgang mit Beatmungsgeräten gab. Zudem gibt es jetzt eine festgeschriebene Anzahl an Personen, die sich maximal in einem Raum aufhalten dürfen. Dies beinhaltet auch, dass weder Besucher noch Praktikanten auf Station zugelassen sind.

 

 

Die neuartigen Umstände auf Station sind gewiss belastend. Wir haben nachgefragt, was die aktuelle Arbeitssituation mit der Psyche macht – ob sie mehr auf das Gemüt schlägt als der bisherige Arbeitsalltag in der Klinik. Und was die größte Herausforderung in der Arbeit mit Corona-Patienten darstellt.

 

Sarah bemerkt vermehrte Verunsicherung im Umgang mit Patienten und zusätzlich die Angst, sich selbst bzw. dann seine Familie zu infizieren. „Besonders unsicher ist man beispielsweise beim Ausziehen der Schutzkleidung – ob man es korrekt macht, sodass keine Viren auf die normale Kleidung übertragen werden“, sagt sie.
Sie erzählt uns zudem, dass die größte Herausforderung sei, dass die Patienten keine Angehörigen sehen dürfen und daher auch bei ihnen der emotionale Druck steigt.
„Das nimmt mich schon mit. Und es ist nach wie vor einfach beängstigend, dass nicht nur Alte und Schwache an dem Virus sterben, sondern teils auch junge Menschen ohne Vorerkrankungen.“
Sie beklagt außerdem auch Hindernisse, an die man vorerst nicht denkt: die Türen von den Isolationsboxen müssen stets geschlossen bleiben. Dadurch können aber keine Warnsignale/Alarme mehr vernommen werden, wenn z.B. der Perfusor piept. Um diese trotzdem zu hören, werden jetzt Babyfone verwendet, welche aber nur eine kurze Akkudauer haben.

 

Marie hingegen empfindet besonders die neue Schutzausrüstung als große Herausforderung bei der Behandlung der Patienten. Sie erzählt: „Wenn man längere Zeit bei dem Patienten ist, ihn waschen und lagern muss, dann ist die Schutzkleidung wahnsinnig heiß und das Luft holen über die Maske sehr anstrengend.“

 

 

Da gerade bei Pflegekräften die Ansteckungsgefahr mit dem Covid-19 Virus sehr hoch ist, wollten wir wissen, ob sich Klinikmitarbeiter regelmäßig testen lassen können und ob auch sonst Sicherheitsvorkehrungen, wie genügend Schutzkleidung, gewährleistet werden.
Wir haben folgende Antworten erhalten:
In der Klinik in der Marie arbeitet, gibt es täglich bestimmte Zeitfenster, in denen sich die Mitarbeiter auf das Virus testen lassen können – ohne hinweisende Symptomatik und das so häufig wie diese das wollen.
In der Klinik von Sarah sieht das anders aus: hier werden Mitarbeiter nur bei vorliegenden Symptomen getestet. Jedoch wird bei Sarah und ihren Kollegen täglich vor Schichtbeginn und nach Schichtende die Körpertemperatur gemessen – Liegt diese über 38 Grad, werden die Pflegekräfte nach Hause geschickt. Zudem konnten sich die Mitarbeiter in Sarahs Klinik auch schon auf Antikörper testen lassen.
In punkto Schutzkleidung liegt bei Sarah und Marie die gleiche Situation vor. Beide berichten, dass es an Kitteln, Handschuhen, Hauben und Visieren nicht mangelt. Nur mit den FFP2 Masken muss immer noch sparsam umgegangen werden: Derzeit ist für jede Pflegekraft nur eine Maske pro Schicht vorgesehen. Da dies nicht der optimalen Hygiene entspricht, kann man nur hoffen, dass sich dieser Zustand sobald als möglich ändert.

 

 

Im Zuge der Corona-Krise erhält die Digitalisierung gerade einen neuen Aufschwung und der Mehrwert der digitalen Kommunikation wird stärker geschätzt denn je. Nun wollten wir wissen, ob auch in Krankenhäusern schon digitale Tools genutzt werden und falls nicht, welche Art von Unterstützung sich in diesem Bereich gewünscht wird.
Sarah erzählt: „Nein, leider werden digitale Tools noch nicht wirklich genutzt. Es wäre aber super hilfreich z.B. ein PDM-System (Produktdatenmanagementsystem) zu etablieren, besonders auf Intensivstationen. Momentan geschieht das alles noch manuell und auf Papier.“
Ebenso beklagt sie, dass bei Personalausfällen sehr viel Zeit für die Suche nach passendem Ersatz aufgewendet werden muss: „Die Zeit, die die Stationsleitung da am Telefon verbringt, könnte viel besser bei den Patienten gebraucht werden.“
Auch Marie sieht bei dem Thema Ausfallmanagement noch großen Verbesserungsbedarf. Sie schmunzelt und sagt: „Eure Cliniserve TEAM -Lösung wäre hier natürlich Spitze! Bedarfsanalyse, Poolmanagement und Schichtbörse – all das wird bei uns noch manuell erledigt und nimmt sehr viel Zeit in Anspruch. So ein digitales Ausfallmanagement wäre da natürlich eine riesengroße Hilfe.“

 

 

Einen Ausblick in die Zukunft kann man momentan nur schwer wagen. Sicher ist aber, dass das deutsche Gesundheitssystem Maßnahmen trifft, um bestmöglich auf eine zweite große Infektionswelle vorbereitet zu sein. Wir haben nachgefragt, ob eine solche zweite Welle aus Sicht einer Krankenschwester naheliegend scheint und welche neuen Herausforderungen in solch einem Fall drohen.
Sarah antwortete: „Ich halte das schon für wahrscheinlich, jetzt wo es so viele Lockerungen gibt. Vor allem wenn man beobachtet, dass die meisten Menschen seit der Maskenpflicht den Mindestabstand nicht mehr einhalten – und das nach wie vor eine der effektivsten Schutzmaßnahmen ist.
In den Monaten März und April haben wir viel Unterstützung von Medizinstudenten erhalten, was eine große Hilfe war. Seitdem aber das Semester wieder begonnen hat, fällt diese Hilfe weg. Das sehe ich als Problem, falls es eine zweite große Welle gibt.“

 

 

Gerade in diesem Jahr ist der 12. Mai, der internationale Tag der Pflege, von besonderer Bedeutung. Uns allen wird stärker denn je bewusst, welch essenzielle Arbeit tagtäglich, nicht nur in Zeiten einer Pandemie, von Pflegekräften geleistet wird.
„Unsere Pflegekräfte setzen sich in Krankenhäusern, Pflegeeinrichtungen und bei der Pflege zu Hause tagtäglich unermüdlich für Menschen ein, die Hilfe benötigen. Pflegerinnen und Pfleger sind eine tragende Säule unserer Gesundheitsversorgung. Dafür verdienen sie Anerkennung und Dank, vor allem aber gute Ausbildungs- und Arbeitsbedingungen und eine angemessene Bezahlung.“ (Zitat Hermann Gröhe).
Wir von Cliniserve können uns diesen Worten nur anschließen. Zwar berichteten Sarah und Marie davon, dass die gestiegene Wertschätzung der Pflegetätigkeit, sowie kleine Geschenke und Spenden mit Freude wahrgenommen werden. Trotzdem kommt aber die Frage auf, warum es erst eine weltweite Krise braucht, damit der Beruf der Pflegekraft einen höheren Stellenwert im Bewusstsein der Bevölkerung einnimmt.

 

 

Abschließen möchten wir diesen Bericht mit einem Zitat von Sarah: „Ich habe mich bewusst für den Beruf als Krankenschwester entschieden. Auch wenn ich mich tagtäglich großen Herausforderungen stelle, die teilweise meine eigene Gesundheit gefährden – ich stehe mit Herzblut hinter dem was ich tue. Nicht nur in Zeiten von Corona. Daher hoffe ich, dass die gestiegene Wertschätzung des Pflegeberufes auch nach der Krise weiterhin anhält und dieser die Anerkennung erhält, die er verdient.“

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